Scheidung international: Wann kann die Scheidung in Deutschland eingereicht werden?

Viele Scheidungsverfahren in Deutschland weisen einen Auslandsbezug auf – sei es, dass ein oder beide Ehepartner nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, oder dass einer der Ehepartner nicht in Deutschland lebt. Dies betrifft in besonderer Weise Großstädte wie Berlin, in denen vergleichsweise viele Menschen aus unterschiedlichen Nationen leben. In welchem Land die Scheidung eingereicht werden kann, bemisst sich bei Scheidungen mit Auslandsbezug nach nationalem bzw. europäischem Recht.

EUEheVO regelt internationale Zuständigkeit

Innerhalb der Europäischen Union (außer Dänemark) gilt die „EuEheVO“ genannte Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa). Diese gilt für alle Personen (also auch Nicht-EU-Angehörige), die sich in einem Mitgliedsstaat aufhalten. Gemäß Art. 3 der Verordnung sind die Gerichte desjenigen EU-Mitgliedsstaates für das Scheidungsverfahren zuständig, in dessen Hoheitsgebiet

  • beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
  • die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
  • der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
  • im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
  • der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder
  • der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und entweder Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, dort sein „domicile“ hat.

Gewöhnlicher Aufenthalt und Staatsangehörigkeit bestimmen die Zuständigkeit für das Scheidungsverfahren

Maßgeblich ist danach also der Wohnort der Ehegatten. Darüber hinaus sind auch die Gerichte des Landes für das Scheidungsverfahren zuständig, dessen Staatsangehörigkeit die Ehepartner haben. Sind beide Ehegatten Deutsche, so können sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsort die Scheidung bei einem deutschen Gericht einreichen.

Ort der Heirat bestimmt nicht den Ort der Scheidung

Wo die Ehe geschlossen wurde, ist für den Ort der Scheidung hingegen irrelevant. Wer in Las Vegas heiratet, muss sich dort nicht unbedingt auch noch scheiden lassen. Wenn die Ehepartner beispielsweise in Berlin leben oder beide Deutsche sind, können sie die Scheidung in Deutschland einreichen.

Zuständigkeit bei Aufenthalt außerhalb der EU

Nun gibt es auch Scheidungsverfahren, bei denen die EuEheVO nicht einschlägig ist. Abgesehen von der EuEheVO bestehen keine internationalen Abkommen über Zuständigkeitsregelungen in Scheidungsverfahren. Für solche Fälle begründet § 98 FamFG eine nationale „Restzuständigkeit“. Hauptanwendungsfall dieser Vorschrift sind Scheidungsverfahren, bei denen beide Ehegatten in einem Nicht-EU-Land leben und mindestens ein Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Ist beispielsweise ein/e Deutsche/r mit einer/m Mexikaner/in verheiratet und leben beide in Chile, so kann das Scheidungsverfahren gemäß § 98 Absatz 1 Nr. 1 FamFG in Deutschland geführt werden (und zwar in diesem Fall mangels anderer örtlicher Zuständigkeit vor dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin).

Die Regelungen des § 98 FamFG gelten darüber hinaus auch für in Deutschland lebende EU-Ausländer. Hat also beispielsweise ein mit einer in den USA lebenden Chinesin verheirateter Grieche seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so kann der Scheidungsantrag ebenfalls vor einem deutschen Familiengericht eingereicht werden.

Mehrere Länder können für Scheidung zuständig sein

Da die Gerichtszuständigkeit in Scheidungsverfahren nach nationalem (bzw. europäischem) Recht geregelt ist, haben die Ehepartner bei Scheidungen mit Auslandsbezug oftmals die Wahl zwischen verschiedenen Ländern, in denen der Scheidungsantrag eingereicht werden kann. Im Beispiel der in Chile lebenden binationalen Ehepartner kann die Scheidung aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des einen Ehegatten in Deutschland eingereicht werden. Möglicherweise sind aber nach nationalem chilenischem Familienrecht aufgrund des Wohnsitzes der Ehepartner in Chile auch die chilenischen Gerichte zuständig. Aufgrund der mexikanischen Staatsbürgerschaft des anderen Ehepartners kann die Scheidung darüber hinaus möglicherweise auch in  Mexiko eingereicht werden.

Scheidungsverfahren kann nicht parallel in mehreren Ländern geführt werden

In jedem Fall ist darauf zu achten, dass die Scheidung nur in einem Land eingereicht werden kann. Ist bereits in einem anderen Land ein Scheidungsverfahren anhängig, so kann nicht parallen ein Scheidungsverfahren vor einem deutschen Gericht betrieben werden.

Sind hingegen die deutschen Gerichte zuständig, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, bei dem der Scheidungsantrag eingereicht werden kann, nach § 122 FamFG. Ausschlaggebend ist danach vorrang der Aufenthaltsort der Ehegatten und der gemeinsamen Kinder. Lässt sich danach kein Gerichtsort in Deutschland begründen, so ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig.

SI Rechtsanwaltsgesellschaft mbH